Regression - In alte Erinnerungen zurück fallen

Der Begriff der Regression wird in verschiedenen Therapiemodellen unterschiedlich definiert.

 

Regression (regredieren) ist ein Mechanismus, der bei jedem Menschen ablaufen kann. Daher ist es wichtig, ein Grundverständnis für diesen Mechanismus zu entwickeln, um sich selbst und andere in manchen Situationen besser verstehen zu können.

 

Übersetzt bedeutet Regression „Zurückfallen“ oder „Zurückkehren“.

 

Ich finde den Begriff „Zurückfallen“ passender, da er ausdrückt, dass es sich bei der Regression nicht um einen aktiven Vorgang, sondern vielmehr um einen unbewussten, passiven Mechanismus handelt.

 

Regression bedeutet, dass ein Mensch unbewusst auf eine andere Erinnerungsstufe fällt. Dafür braucht es einen Auslöser (=Trigger). Der stößt – ähnlich wie bei einem Dominoeffekt – verschiedene Aspekte einer Erfahrung an, sodass die Person sich plötzlich in eine alte Zeit zurück versetzt fühlt, auf die sie emotional mit alten, damals passenden Gefühlen reagiert und für die damalige Situation passende Verhaltensweisen zeigt.

 

In der aktuellen Situation wirken diese Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen eher unpassend auf das Umfeld. Die Umgebung versteht das Verhalten einer regredierten Person nicht und fordert die Person oftmals auf, sich anders oder “angemessen“ zu verhalten.

 

Da die Regression ein unbewusster Vorgang ist, ist es der Person nicht möglich die Regression abzustellen.

 

Wichtig ist, dass es sich bei der Erfahrung, in die jemand regrediert, um eine leidvolle, unangenehme Erfahrung handelt. Niemand regrediert also in eine positive Erfahrung. Wenn wir an eine positive Erfahrung denken und uns wohlfühlen, dann erinnern wir uns schlichtweg. Dies ist aber keine Regression!

 

Die Auslöser für eine Regression sind unterschiedlich. Der Auslöser hat aber etwas mit der alten Situation zu tun.

 

Ein Auslöser kann z.B. ein bestimmter Gegenstand sein, aber auch eine bestimmte Stimme oder auch ein bestimmter Geruch.

 

Ein Beispiel:

Nehmen wir an, eine junge Frau trifft sich mit zwei Freundinnen. Diese beiden Freunde beginnen einen heftigen Streit, brüllen sich an und beschimpfen sich. Die Frau fühlt auf einmal eine große Angst, ihr Herz klopft schnell, sie hat den Wunsch sich zu verstecken und will gleichzeitig, dass sich die beiden Freunde ganz schnell wieder verstehen. Die Frau sagt den beiden Freunden, dass sie „sich bitte wieder liebhaben“ sollen, was beide Freunde ablehnen und erbost auseinander gehen. Die betroffene Frau bleibt allein zurück. Sie verkriecht sich in ihrer Wohnung, spürt eine große Trauer in sich, unternimmt nichts mehr. Erst Tage später, als beide Freunde zu Besuch kommen und sich wieder alle gut verstehen, schwindet das Gefühl der Angst und Trauer. Sie hat auf einmal das Gefühl, als wäre sie aus einem Nebel aufgetaucht und erst jetzt wieder „sie selbst“.

 

Es stellt sich heraus, dass die Person in ihrer Kindheit die Scheidung ihrer Eltern miterlebt hat. Bevor die Eltern sich getrennt haben, haben sie immer sehr laut miteinander gestritten, die Person hatte in diesen Situationen immer sehr starke Angst. Sie fühlte sich sehr traurig und hilflos.

 

Diese Erfahrungen aus der Kindheit sind für die Frau leidvoll gewesen und nicht aufgearbeitet.

 

In der Situation wo sich zwei Freunde laut miteinander streiten, ist der Streit zweier nahestehenden Personen der Auslöser. Die Person fällt in das frühere Gefühl der Angst zurück. Sie zieht sich zurück, ist sehr traurig, weint scheinbar grundlos: es handelt sich um alte Verhaltensmuster, die aus der früheren Situation kommen. Zudem ändert sich die Sprache, sie wird kindlicher („Habt euch bitte wieder lieb.“).

 

 

Durch die Regression ist es der Person nicht mehr möglich alters- und situationsgerecht zu reagieren, also z.B. den Streit zu schlichten oder die Freunde streiten zu lassen, ohne sich davon bedroht zu fühlen. Die Person, die nicht regrediert ist, könnte mit ihren Fähigkeiten handelnd eingreifen und ist nicht – wie damals in der Kindheit – hilflos ausgeliefert.

 

In einer Regression behält ein erwachsener Mensch allerdings Teile seiner Fähigkeiten aus dem erwachsenen Leben bei. Auch wenn jemand in eine Situation aus der Kindheit regrediert, kann derjenige dennoch z.B. Auto fahren, kochen oder zur Arbeit. Das kann es manchmal so schwierig machen eine Regression zu erkennen.

 

Therapeutische Arbeit

In therapeutischen Prozessen findet immer wieder eine Regression statt. Die Aufgabe des Therapeuten ist, die Regression eines Klienten mitzubekommen und ihm aus der Regression wieder zurück in das jetzige Leben zu helfen. Dazu findet er mit dem Klienten die Auslöser für das „Zurückfallen“ heraus, damit der Klient in seinem heutigen Leben diese Auslöser identifizieren kann und kennt. Das Identifizieren der Auslöser hilft einem Klienten dabei achtsam zu bleiben und sich der Gefahr der Regression bewusst zu sein. Das allein verhindert noch keine Regression – es handelt sich ja um einen unbewussten Ablauf – aber es ist in der Therapie möglich die leidvolle Erfahrung aufzuarbeiten und damit auch den Auslöser zu neutralisieren, so dass er den Prozess der Regression nicht mehr anstoßen kann.

 

Regression

  • ist ein unbewusster Prozess
  • kann vorübergehend oder langandauernd sein
  • braucht einen Auslöser (=Trigger)
  • schränkt die Möglichkeit, sich alters- und situationsangemessen zu verhalten, ein
  • betrifft auch die eigenen Emotionen
  • merken Betroffene erst, wenn die Regression wieder vorbei ist.
Regression